„Einer trage des anderen Last“ (Gal 5) – Predigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Gemeinde,
der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im Galaterbrief des Paulus im 5. Kapitel:
 Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln.
Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden. 
Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. 
Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.
Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. 
Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. 
Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. 
Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. 
Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.  

Liebe Gemeinde,
„Einer trage des anderen Last“ – das war ein beliebter Hochzeitsspruch. Und es ist ein guter Spruch für die Ehe. Man verspricht sich ja füreinander da zu sein, in guten und in schlechten Zeiten. Und von beiden gibt es genug: Wenn ein Haus gekauft wird und man in finanziellen Nöten und Stress steckt. Wenn Kinder kommen und man sich über sie freut und über die Erziehung streitet. Wenn einer krank wird und der andere sich um ihn kümmert. Einer trage des anderen Last. Ein schöner Hochzeitsspruch, aber eigentlich geschrieben für alle Christen.
Fünf Kapitel hat der Apostel Paulus in diesem Brief an die Galater gebraucht, um nur eine einzige Sache zu sagen, nämlich: An die Vorschriften aus dem Alten Testament braucht ihr euch nicht zu halten. Es waren wohl einige Leute in die kleinen Christengemeinden in Galatien gekommen, die wollten den Christen dort genau das vorschreiben: dass sie sich an alle Gebote aus dem Alten Testament halten müssten. Nicht nur:  Du sollst nicht töten oder: Du sollst den Feiertag heiligen, sondern auch alle Speisevorschriften und Feiertage; und dass alle Männer an der Vorhaut beschnitten werden müssen. Juden sollen diese Gebote einhalten – und die ersten Christen waren ja alle Juden gewesen. Aber in Galatien, dort waren Nichtjuden zum Christentum gekommen; und Paulus war fest überzeugt: Ihr braucht nicht erst Juden zu werden, wenn ihr Christen sein wollt. Das alttestamentliche Gesetz könnt ihr sowieso nicht ganz einhalten; damit werdet ihr Gott nicht beeindrucken. Es genügt euch völlig, wenn ihr Christus habt. Der Geist Christi macht euch zu neuen Menschen.
 Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln. So schreibt er. Das heißt:Ihr müsst das alte Gesetz nicht einhalten. Aber trotzdem sollt ihr keine gesetzlosen Leute sein; lebt nach dem Gesetz Christi und das lautet:  Einer trage des andern Last. Lasst euch anmerken, dass ihr neue Menschen seid; seid freundlich und liebevoll und geduldig.  Lasst uns Gutes tun an jedermann, schreibt Paulus, allermeist aber an des Glaubens Genossen. So sollen also alle Christen leben, nicht nur in Galatien, und nicht nur die Eheleute.
Nur: Das klappt so schwer.
Sie könnten sich jetzt vornehmen, das gleich in die Tat umzusetzen. Sie könnten nachher aus der Kirche gehen und sagen: „Ab jetzt tu ich Gutes an jedermann, so soll ich schließlich leben als Christ.“
Das wird schiefgehen. Sie werden es nicht schaffen. Oft passiert es uns ja, gerade auch in einer Ehe, dass wir gereizt sind, mit harten Worten reagieren und dann uns denken: Wieso ist mir das jetzt so rausgerutscht?
So geht das mit uns Christenmenschen: Gottes neue Schöpfung sind wir, erfüllt vom Geist und freundlich und barmherzig, und im nächsten Augenblick hart und eitel, dass wir uns nur darüber schämen können. 
 Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln. Lasst uns Gutes tun an jedermann.  
Das ist keine menschliche Ethik; das ist kein Gesetz, das uns knechtet, kein Gebot, das ein Menschenkind erfüllen könnte.  Trotzdem sagt uns der Apostel Paulus das als Empfehlung an die Galater und an uns. Denn er glaubt: Gottes Geist kann’s tun – durch uns. Auch wenn wir’s uns nicht zutrauen, Gottes Geist dürfen wir’s ruhig zutrauen. Er macht uns zu neuen Menschen.
 Liebe Brüder,  schreibt Paulus, 
 wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird,
so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist,
ihr, die ihr geistlich seid.
Dabei musste ich an das Lied „Großvater“ von STS denken. Da beschreibt der Enkel, dass er als jugendlicher seinem Großvater Geld geklaut hat. Der reagierte nur indem er ihn danach fragte und als der es bestreitet, sagt der Großvater nur „Komm, lass mas bleibn, Geld kann gar nie so wichtig sein“. Das wirkte – ein Leben langt.
 Helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist,
ihr, die ihr geistlich seid.  
Das macht Gottes Geist, nicht zornig oder misstrauisch, sondern liebevoll und sanftmütig.
Noch eine Empfehlung hat der Apostel Paulus: 
 Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, 
einander nicht herausfordern und beneiden. 
Und: Wenn jemand meint, er sei etwas,
obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.  
Vielleicht haben Sie das einmal erlebt: Sie mussten sich ein paar Tage krankschreiben lassen; ein anderer hat Sie vertreten – dabei hatten Sie sich eingearbeitet und kannten sich am besten aus. Als Sie wieder gesund waren und in die Arbeit kamen, waren die Aufgaben erledigt, sogar gut erledigt von Ihren Kollegen, ganz ohne Sie. Es ist schwer, aber auch ein Segen, das zu erleben: Es geht auch ohne mich. Die Kollegen haben ein Lob verdient. 
 Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, 
einander nicht herausfordern und beneiden:  
Gottes Geist gibt Gelegenheit, sich darin einzuüben, wenn er uns eine Vertretung schickt und einen Anlass, danke zu sagen.
Neue Menschen sind wir, liebe Schwestern und Brüder. Gottes Geist hat uns neu gemacht und er wirkt durch uns, dass wir des andern Last tragen, dass wir sanftmütig einander zurechthelfen, dass wir nicht nach eitler Ehre trachten, sondern uns freuen an dem, was Gott an uns tut.
Manchmal klappt das auch nicht. Manchmal bricht unser alter Mensch noch durch und alles geht einen ganz anderen Weg. Manche mussten es erleben.
Und dennoch können wir gerade auch hier Gottes Geist erleben. Wir wir uns helfen und einander die Lasten tragen.
Amen.
In großen Teilen übernommen von: Lesepredigten der ELKB

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